Offener Brief der AGVL und Stuttgarter Umweltverbände an das Gesundheits- und Verkehrsministerium
Aktualisiert am 20.12.2018: Antwort der Ministerien und Anlage dazu
Zusammen mit den Stuttgarter Umweltverbänden BUND, VCD und KUS hat die AGVL sich mit einem Offenen Brief an das Gesundheits- und das Verkehrsministerium zur Situation des bodennahen Ozons gewandt und um Beantwortung von Fragen gebeten. Hier der inhaltliche Wortlaut des Briefes:
Das vergangene Sommerhalbjahr war außergewöhnlich warm und trocken. Dadurch waren auch die Ozonwerte hoch, ebenso zeitweise die NO2-Werte. Wir hatten also dieses Jahr mehrere Perioden mit Sommersmog. Dies hat uns veranlasst, auf der Basis öffentlich zu-gänglicher Daten Ihrer Landesanstalt für Umwelt und des Umweltbundesamtes, eine Bilanz für die Region Stuttgart und Baden-Württemberg zu ziehen. Dabei wird auch die Entwicklung der wichtigsten Parameter seit dem Jahre 1995 betrachtet. Diese Bilanz ist als Anhang beigefügt.Die wichtigsten Ergebnisse sind:
- Der Zielwert für Ozon der EU zum Schutze der menschlichen Gesundheit wird seit sei-ner Gültigkeit im Jahre 2010 in Baden-Württemberg an zahlreichen Stationen des Lan-des an mehr als 25 Tagen überschritten. Das Jahr 2018 hatte die zweithöchste Zahl von Überschreitungen seit 1995 (nach dem Ausnahmejahr 2003). Die Überschreitungen waren in Baden-Württemberg flächendeckend.
- Die Anzahl der Überschreitungen des Informations-Schwellenwerts auf der Basis des 1-Stunden-Mittelwertes ist zwar von 1995 bis 2008 deutlich zurückgegangen, aber seit 2009 steigt sie wieder, je nach Sommerverlauf, leicht an. Das Jahr 2018 erreichte vereinzelt sogar wieder das Niveau von 2003. So wurde z.B. an der Station Weil am Rhein der Schwellenwert an 20 Tagen überschritten, 1 Tag mehr als 2003.
- Es gibt Hinweise, dass die verhältnismäßig geringe Anzahl von 28 Messstationen, welche Ozon messen, nicht ausreicht, um das flächendeckende Ozon-Problem hinreichend genau zu erfassen. Insbesondere der ländliche Raum und die Ränder der Ballungsge-biete werden kaum erfasst.
Nach unserem Eindruck wurde die Bevölkerung nur unzureichend über die zeitweise hohen Ozonwerte (und NO2-Werte) informiert, obwohl die Ozonverordnung der EU klare Vorgaben vor allem bei Überschreitungen des Schwellenwerts vorsieht und es heutzutage kein Problem ist, die Bevölkerung über die Medien aktiv, zeitnah und umfassend vor solchen Gefahren zu warnen und Verhaltensempfehlungen zu geben. Wir bitten Sie darüber hinaus, uns in die Liste der Umweltverbände aufzunehmen, welche gemäß Ozonverordnung über die Ozonsituation informiert werden.
Wir sehen grundsätzlichen Handlungsbedarf und bitten Sie daher folgende Fragen zu beantworten
- Welche Maßnahmen unternimmt die Regierung, um den seit 2010 gültigen EU-Zielwert bei Ozon künftig überall in Baden-Württemberg einzuhalten?
- Bis wann wird dies voraussichtlich der Fall sein?
- Welchen Einfluss hat der Klimawandel künftig auf die Ozonwerte?
- Welche genaue Verteilung in der Fläche haben der Ozon-Jahresmittelwert sowie der maximale 8-Stunden-Mittelwert eines Tages speziell in der Region Stuttgart? Gibt es möglicherweise noch Orte mit höherer Anzahl von Überschreitungstagen des EU-Ziel-wertes als in Gärtringen, insbesondere auf den Höhen des Stuttgarter Kessels?
- Welche Auswirkungen haben die hohen Jahresmittelwerte und die hohe Anzahl der Überschreitungen des 8-Stunden-Mittelwertes auf die Vegetation, insbesondere auf die Wälder in größeren Höhen? Bis wann wird der EU- Grenzwert zum Schutze der Vegetation eingehalten?
- Ist die Regierung inzwischen bereit, den Feinstaubalarm auf Sommersmog und auf die gesamte Region Stuttgart erweitern
- Gibt es Planungen, die Anzahl der Ozon-Messstationen zu vergrößern, insbesondere an den Rändern der Ballungsgebiete und in den ländlichen Räumen? Wenn nein: Wäre die Regierung ggf. bereit, den Aufbau eines Netzes auf Basis von Low-Cost-Sensoren zu unterstützen, z.B. nach dem Vorbild der OK-Lab- Stationen für Feinstaub?
Da inzwischen die neue Feinstaubsaison begonnen hat, bitten wir Sie bei dieser Gelegen-heit auch, uns darüber zu informieren, ob es neue Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen hohen Feinstaubkonzentrationen und den starken Grippewellen der letzten beiden Winter gibt. Wir beziehen uns dabei auf unser Schreiben vom 29.3.2017 und Ihre Antwort darauf vom 27.6.2017.
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