Die AGVL hat beim Regierungspräsidium Stuttgart förmliche Einwendungen gegen folgende aktuellen Fernstraßenprojekte erhoben:

  • Bau einer 4. Fahrspur (so genannter Verflechtungsstreifen) an der A8 /A81 zwischen Stuttgarter Kreuz und Leonberg-Ost
  • Bau des so genannten provisorischen Lückenschlusses (Kreuzung zwischen B 295 / B464 bei Renningen)

Dazu hat die AGVL eine Pressemitteilung veröffentlicht, deren Wortlaut im folgenden wiedergegeben ist.

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Ist es Absicht oder nur sture Auslegung der derzeitigen Vorschriften oder steckt noch etwas anderes dahinter?

Schon seit vielen Jahren kann man beobachten, dass das Regierungspräsidium in einer Art Salamitaktik die Fernstraßen rund um Leonberg und Renningen in Einzelschritten ausbaut und aufgrund der dadurch möglichen ‘günstigen‘ Auslegung des Verfahrensrechts der Bevölkerung den Schutz vor der erheblichen Zunahme der Lärm- und Schadstoffbelastung verweigert.

Jüngstes Beispiel ist das Genehmigungsverfahren zum durchgängigen 4- streifigen Ausbau der A8/A81 zwischen dem Autobahnkreuz Stuttgart und der Ausfahrt Leonberg Ost. Dieser Ausbau ist zweifellos dringend notwendig. Nicht akzeptabel ist allerdings, dass dabei kein Planfeststellungsverfahren angewandt wird, sondern ein beschleunigtes Verfahren (Plangenehmigungsverfahren). Dieses Verfahren sieht keine Beteiligung der betroffenen Bürger vor. Eswar ursprünglich nur für die neuen Bundesländer gedacht, um dort mit dem Aufbau der Infrastruktur in vorwiegend dünn besiedelten Bereichen mit wenigen Betroffenen schnell voran zu kommen. Der Gesetzgeber hat allerdings für die Anwendung dieses Verfahrens enge Grenzen gezogen. Es darf nicht angewandt werden, wenn Belange Dritter wesentlich berührt sind. Genau dies ist bei einem Projekt in einem Ballungsgebiet und erst recht an einer der am stärksten befahrenen Autobahnen in Deutschland zwangsläufig der Fall. Nur durch den nun geplanten Bau des 4. Fahrstreifens ist es möglich, die prognostizierte erhebliche Steigerung des Verkehrs und die weit überproportionale Steigerung des Schwerverkehrsanteils überhaupt zu bewältigen. Dieser Zusatzverkehr rollt auf Leonberg zu und verursacht dort zweifellos erheblich mehr Krach und Schadstoffe. Tausende Menschen werden dies spüren und werden zusätzlichen Gesundheitsgefahren ausgesetzt werden. Hinzu kommen Folgewirkungen im Bereich des Hochwasserschutzes (durch die erhebliche zusätzliche Versiegelung) sowie Belange des Naturschutzes. Es ist geradezu ein Affront gegen die davon betroffenen Bürger, wenn sie durch einen solchen Verfahrenstrick noch nicht einmal die Möglichkeit bekommen, angehört zu werden. Wo bleibt da die vielgerühmte Politik des Zuhörens der Landesregierung?

Ein weiteres Beispiel ist der Ausbau der B 295 / B464 zu einer Ersatzautobahn zwischen Leonberg-West (oder Rutesheim) und Böblingen Hulb. Die dafür erforderliche (neue) Ausfahrt Leonberg-West wurde bei der Planfeststellung im Jahre 2001 hauptsächlich mit einer Entlastung des innerstädtischen Verkehrs in Leonberg begründet. Bedenken der Bürger, dass dadurch eine solche Ersatzautobahn entstünde, wurden damals vom Regierungspräsidium mit dem Hinweis abgewiesen, dass dies wegen der zahlreichen Ampelkreuzungen gar nicht möglich sei. Als dann die B464 zwischen Renningen und BB-Hulb geplant wurde, waren plötzlich die ursprünglich prognostizierten Verkehrszahlen viel zu gering und es musste nun unbedingt kreuzungsfrei ausgebaut werden. Dann hat man plötzlich bemerkt, dass die Kreuzung der B295 mit der B464 den Verkehr nicht bewältigen kann. Daher musste man ein neues Projekt mit dem schönen Namen ‚Lückenschluss‘ ins Leben rufen und zunächst in aller Eile ein sogenanntes ‚Lückenschluss-Provisorium‘ bauen. Bis heute haben wir keine Antwort darauf, ob es für dieses bereits gebaute Provisorium überhaupt eine Genehmigung gibt (siehe Briefwechsel mit dem Verkehrsministerium). Eine Bürgerbeteiligung hat es dafür jedenfalls nicht gegeben, wohl aber eine erhebliche Steigerung des Verkehrs. Zwischen dem Jahre 2010 und dem Jahre 2020 wird sich lt. Prognose der Verkehr auf der Strecke zwischen Renningen und Leonberg fast verdoppeln - ohne Schutz vor Lärm und Schadstoffen.

Vor diesem Hintergrund hat die AGVL förmliche Einwendungen gegen die Verfahrensweise bei beiden Projekten beim zuständigen Regierungspräsidium Stuttgart erhoben und sich mit Briefen an Staatssekretär Bomba im Bundesverkehrsministerium sowie an den Landesverkehrsminister Hermann gewandt und um politische Unterstützung gebeten.

Die beiden genannten Projekte werden den Fernstraßenverkehr rund um Leonberg in den nächsten 10 Jahren voraussichtlich um ca. 30.000 - 40.000 Kfz/Tag zusätzlich erhöhen. Dies entspricht nahezu der Verkehrsmenge einer zusätzlichen Autobahn. Dabei ist Leonberg bereits heute die am stärksten durch Verkehr belastete Große Kreisstadt in der Region Stuttgart, wenn man die Emissionen des Straßenverkehrs als Maßstab nimmt. Sie ist sogar stärker belastet als die Landeshauptstadt selbst (siehe beigefügte Grafik). Hauptgrund ist die Konzentration des gesamten Fernverkehrs auf das Leonberger Dreieck und die stadtnahe Trassenführung der A8 und der A81. Der Lärmteppich der Autobahnen und der B 295 ist enorm und belastet vor allem bei den häufig vorkommenden ungünstigen lokalen meteorologischen Bedingungen in der Nacht die Anwohner noch in mehreren Kilometern Entfernung. Dieser Lärmteppich wird sich erheblich ausweiten, d.h. es werden erheblich mehr Bürger als bisher in ihrem Schlaf gestört und ihre Gesundheit wird gefährdet werden. Auch die Schadstoffbelastung ist kritisch. Es gibt bisher keine aktuelle öffentlich zugängliche Untersuchung, welche zweifelsfrei nachweist, dass die EU-Grenzwerte in den autobahnnahen Wohngebieten sicher eingehalten werden können, obwohl es im aktuellen Luftreinhalteplan Hinweise darauf gibt, dass zumindest z.B. in der Nähe des Engelberg-Tunnelmundes Grenzwerte überschritten werden.

Hinzu kommt die Güterumgehungsbahn von Kornwestheim in Richtung Schweiz/ Österreich/ Italien, welche mitten durch mehrere Leonberger Stadtteile und Renningen führt und vor allem in der Nacht eine Lärmbelastung in der Größenordnung einer weiteren Fernstraße verursacht. Auch auf der Bahnstrecke ist mit einer weiteren Steigerung des Güterverkehrs zu rechnen (Stichwort Gotthard-Basistunnel). Nicht zu vergessen ist auch die Lage in der Ein-/Abflugflugschneise des Stuttgarter Flughafens.

Die außergewöhnlich starke Konzentration der Verkehre im Raum Leonberg ist letztlich einer verfehlten Verkehrsplanung im Ballungsraum Stuttgart geschuldet, für die das Regierungspräsidium eine hohe Mitverantwortung trägt. Leider hilft den Betroffenen die derzeitige Lärmgesetzgebung nicht viel, weil sie technisch völlig veraltet und widersprüchlich ist. Sie stammt noch aus dem letzten Jahrhundert, als man sich die heutigen Verkehrsmengen noch gar nicht vorstellen konnte. Aber statt wenigstens durchaus vorhandene Spielräume zu Gunsten der betroffenen Bürger auszulegen, verhält sich das Regierungspräsidium äußerst restriktiv.

Dass es auch anders geht, zeigt die Planung zum Ausbau der A81 zwischen dem Kreuz Stuttgart und Böblingen-Hulb. An diesem Autobahnabschnitt sind umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen bis hin zur Überdeckelung eines großen Autobahnabschnitts. Es ist völlig unverständlich, warum solche Maßnahmen nicht auch im noch stärker belasteten Raum Leonberg möglich sind, zumal es eine erhebliche Abhängigkeit mit den dortigen Verkehrsströmen gibt (siehe Grafik).

Vor diesem Hintergrund fordern wir das Regierungspräsidium auf, endlich ein Gesamtkonzept dafür vorzulegen, wie die Bürger im Bereich der A8 zwischen dem Stuttgarter Kreuz und der Ausfahrt Rutesheim sowie der B295/B464 zwischen Leonberg-West und Böblingen vor Lärm und Schadstoffen des zusätzlichen Verkehrs geschützt werden. Alle politisch Verantwortlichen von den Kommunen bis zum Bund bitten wir um Unterstützung. Wir appellieren an die Verkehrsministerien und Abgeordneten, die Lärmgesetzgebung endlich an die heutige Realität anzupassen.

Links:

Komplette Pressemitteilung als pdf (mit Anlagen)

Einwendungsschreiben an das RP

Schreiben an Verkehrsminister Herrman, Baden Württemberg

Schreiben an Staatssekretär Bomba, Bundesverkehrsministerium