Ein Diskussionspapier
Aufgrund des außergewöhnlichen Wetterverlaufs im vergangenen Winter kam es zu mehreren, teils heftigen Smogperioden. Gleichzeitig gab es auch eine früh einsetzende, intensive, lang anhaltende Grippewelle im Großraum Stuttgart und in Baden Württemberg. Im Januar gab es in Stuttgart außergewöhnlich viele Todesfälle. Nachdem genügend viele Stationen des OK-Lab-Feinstaubmessnetzes bereits seit dem Spätherbst in Betrieb sind, lag es nahe, zu untersuchen, ob es vielleicht einen Zusammenhang gibt. So ist dieses Papier entstanden.
Link zu diesem Papier (am 6.4. nochmals aktualisiert)
Und eine Zusammenfassung:
Der Spätherbst und Winter 2016/2017 war im Südwesten Deutschlands durch häufige Hochdruck-Wetterlagen geprägt. Dies hatte zur Folge, dass es oft austauscharme Wetterlagen gab, welche die Schadstoffkonzentrationen in der Luft vor allem in den Ballungsräumen, teilweise aber auch flächendeckend, in die Höhe trieben. Hinzu kam, dass die im Winter ohnehin meist hohe bodennahe Luftfeuchte bei solchen Wetterlagen so sehr anstieg, dass dies zu längeren Perioden mit Dunst und Nebel führte. Es kam daher zu mehreren teilweise heftigen Smoglagen.
Es ist wissenschaftlich gesichert, dass hohe Schadstoffkonzentrationen, insbesondere hohe Feinstaubkonzentrationen, langfristig ein hohes Gesundheitsrisiko darstellen. Gemäß WHO führt dies alleine in Deutschland im Jahr statistisch gesehen zu mehr als 30.000 vorzeitigen Todesfällen. Teilweise werden noch höhere Zahlen genannt. Ein Kausalzusammenhang im Einzelfall ist jedoch prinzipiell kaum nachweisbar. Es ist auch bekannt, dass hohe Schadstoffkonzentrationen, insbesondere bei Smoglagen, die Gesundheit der betroffenen Menschen nicht nur langfristig, sondern auch akut gefährden können. Immer wieder wird kontrovers diskutiert, ab welchen Bedingungen akute Folgen eintreten. So wurde in einem Pressebericht kürzlich z.B. von einzelnen Medizinern sogar angezweifelt, ob die Feinstaubalarme in Stuttgart überhaupt gerechtfertigt sind bzw. waren, weil es solche akuten Wirkungen gar nicht gäbe.
Dieses Papier zeigt auf, dass es Hinweise gibt, dass es zumindest in diesem Winter eine deutliche Korrelation zwischen der heftigen und bereits außergewöhnlich früh einsetzenden Grippewelle und Perioden hoher Feinstaubkonzentrationen gibt. Dazu werden in diesem Dokument die Datenerhebungen des Robert Koch Instituts (RKI) zur Entwicklung der Atemwegserkrankungen in Deutschland bzw. Baden-Württemberg mit den Verläufen der Messwerte des im Aufbau befindlichen OK-Lab- Feinstaub-Messnetzes sowie des staatlichen Messnetzes der LUBW und mit meteorologischen Daten verglichen.
Gleichzeitig zeigt dieses Papier, dass die Messwerte des OK-Lab-Netzes Stuttgart gut als Indikator für akute Gesundheitsgefahren durch Feinstaub dienen können. Dies ist eine Bestätigung dafür, dass die Messwerte dieses Messnetzes unter bestimmten Bedingungen den Vergleich mit den offiziellen Messungen nicht zu scheuen braucht, zumal das Potential für Qualitätsverbesserungen hoch und noch nicht ausgeschöpft ist.
Dieses Papier soll einen Anstoß zur Diskussion und zu weiteren vertiefenden Untersuchungen geben. Dazu werden weiterführende Vorschläge gemacht.
Sollten sich die Ergebnisse dieser Untersuchung bestätigen, könnte dies auch politische Folgen haben. So wäre z.B. die derzeitige völlige Fixierung von Maßnahmen bei hohen Schadstoffwerten alleine auf die Stadt Stuttgart nur noch schwer zu begründen. Auch die derzeit geltenden (politischen) Grenzwerte würden dadurch in Frage gestellt werden, weil selbst ihre Einhaltung den Schutz der menschlichen Gesundheit nicht gewährleisten kann. Immerhin hat der Schutz der körperlichen Unversehrtheit Verfassungsrang.
Anmerkung: Der Begriff ‚Grippewelle‘ wird in diesem Papier als Synonym für die jährlich auftretende Häufung von Atemwegserkrankungen im Winter gemäß der Definition des Praxisindex des RKI verwendet.