Wieder Grenzwertüberschreitungen bei Ozon und NO2 sowie hohe Feinstaubwerte
Alle freuten sich über das Wetter in den letzten Tagen. Die Temperaturen waren hoch. Kaum ein Wölkchen war zu sehen und die Sonne gab ihr Bestes. Leider hatte dies auch eine Schattenseite. Es entstand Sommersmog. Insbesondere die Ozonkonzentrationen stiegen an. Davon war nicht nur Stuttgart, sondern auch das gesamte Land betroffen. Sogar vermeintliche Reinluftgebiete wie die Höhen des Schwarzwaldes oder der Schwäbischen Alb. Dort wurden teilweise sogar Spitzenwerte gemessen. In den Ballungsgebieten an viel befahrenen Straßen stiegen auch die Feinstaubwerte und vor allem auch die NO2-Werte an – insbesondere in Stuttgart.
Nachdem es in diesem Sommer bereits mehrere leichte Sommersmoglagen gab, erreichte der gestrige Sonntag bei den Schadstoffwerten den bisherigen Höhepunkt des Jahres. So wurde gestern lt. Internetseite der LUBW der Ozon-Zielwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit von 120 µg/m3 [1] nahezu an allen offiziellen Messstationen des Landes teils deutlich überschritten. Den Höchstwert hatte Wiesloch mit 159 µg/m3. Im Großraum Stuttgart lag Heilbronn mit 158 µg/m3 nur knapp dahinter. Pro Kalenderjahr sind nur 25 Überschreitungen zulässig. An manchen Stationen steht der Zähler für dieses Jahr bei bereits mehr als 10 Überschreitungen. Je nach Verlauf der zweiten Sommerhälfte könnte also diese EU-Vorgabe an manchen Stationen nicht erfüllt werden.
Der Ozon-Schwellenwert von 180 µg/m3 [2] wurde im Land nur äußerst knapp verfehlt. Den Höchstwert hatte die Station Eggenstein bei Karlsruhe mit 177 bei µg/m3. Im Großraum Stuttgart lag der Höchstwert in Heilbronn bei 166 µg/m3.
In Stuttgart erreichte der Tagesmittelwert für Feinstaub am Neckartor bereits am Dienstag den Höchstwert von 47 µg/m3, also nahe am Grenzwert von 50 µg/m3. Gestern lag der Wert bei 39 µg/m3. Der Tageshöchstwert des Stundenmittels von NO2 lag am Dienstag bei 236 µg/m3, gestern sogar bei 295 µg/m3. Der Grenzwert von 200 µg/m3 wurde mehrfach überschritten. Pro Jahr sind nur 18 Überschreitungen zulässig. Derzeit steht auf der Internet-Seite der LUBW der Zähler bei 11 Überschreitungen. Davon gehen 7 Überschreitungen auf das Konto des Sommerhalbjahres. Es ist also damit zu rechnen, dass auch in diesem Jahr diese EU-Vorgabe gerissen wird.
In den nächsten Tagen ist zwar mit leichter Entspannung zu rechnen, v.a. bei den Feinstaubwerten, aber der Hochsommer hat gerade erst begonnen und daher ist mit weiteren Grenzwertüberschreitungen zu rechnen.
Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich der Sommersmog gegenüber dem Wintersmog gewertet wird. Während im Winter die Feinstaubproblematik ein heißes Thema ist und Presse und Öffentlichkeit sich intensiv damit auseinandersetzen interessiert den Sommersmog kaum jemand. Dabei sind davon sehr viel mehr Menschen betroffen und durch die Klimaerwärmung werden sich solche kritischen Wetterlagen in der Zukunft öfters einstellen. Zwar hat es in der Vergangenheit Erfolge bei der Minderung der Emissionen der Ausgangsstoffe gegeben, aber diese werden zumindest teilweise wieder kompensiert. Insbesondere die weitere prognostizierte Verkehrszunahme wirkt kontraproduktiv, da bei den Ausgangsstoffen der Ozonbildung (NOX und flüchtige Kohlenwasserstoffe) der Verkehrsbereich der Hauptverursacher ist.
Wir haben auf diese Problematik bereits anlässlich der Feinstaubalarme im Winter hingewiesen. Es entsteht der Eindruck, dass bei der Bekämpfung der Luftverschmutzung politisch bewusst nur auf das Feinstaubproblem fokussiert wird, weil in diesem Bereich unmittelbar Strafzahlungen der EU drohen. Für die Bürger ist aber der Gesundheits- und Umweltschutz viel wichtiger. Das Mindeste, was die Bürger erwarten können ist, dass sie über akute Gesundheitsgefährdungen informiert werden. Es kann z.B. nicht sein, dass, wie gestern, nur auf einer Expertenseite der LUBW darüber informiert wird, dass Grenzwertüberschreitungen des Ozon-Schwellenwertes zu erwarten sind. Es besteht vielmehr dafür eine rechtliche Informationspflicht der Öffentlichkeit gegenüber, d.h. eine solche Warnung muss auch die Öffentlichkeit erreichen, damit sich die Bürger darauf einstellen können. Wichtig ist dies vor allem für chronisch kranke und empfindliche Menschen.
Dabei kann man sich gerade vor hohen Ozonkonzentrationen durch eine einfache Verhaltensweise schützen: Die Werte haben einen ausgeprägten Tagesgang. Die höchsten Konzentrationen sind am späten Nachmittag und Abend zu erwarten. Daher sollte man körperliche Anstrengungen auf den Morgen verlegen. Warum ist es nicht möglich, diese Verhaltensempfehlung über die Medien zu verbreiten? Ebenso wäre es sinnvoll, wie beim Feinstaubalarm im Winter, die Autofahrer aufzufordern, Fahrten mit dem Kfz möglichst zu vermeiden. Im Unterschied zum Winter müsste dies allerdings nicht nur für die Stuttgarter Innenstadt gelten, sondern für das ganze Land.
[1] höchster gleitender 8-Stundenmittelwert während eines Tages
[2] Höchster 1-Stunden-Mittelwert
Dieser Text wurde auch als Pressemitteilung des VCD Stuttgart, des Klimabündnisses Stuttgart(KUS) und der AGVL am 21.7.2016 veröffentlicht: