Ein persönlicher Kommentar
Wenn es in der Politik schwierig wird, sucht man gerne einen Sündenbock. Nun hat die Leonberger Verwaltungsspitze endlich einen Schuldigen für die Kostenexplosion bei der Planung der Blechsiedlung am Lohlenbach ausfindig gemacht. Es sollen die Vorschriften und die viel zu hohen Standards sein.
( siehe auch früherer Artikel zum Obdachlosenheim )
Nachdem vor der Sommerpause die Verwaltung den Gemeinderat mit einer Kostensteigerung von 0,7 Mio € auf ca. 1,1 Mio € geschockt hatte, hat die Verwaltung das Büro Schneck beauftragt, Kostenreduzierungsvorschläge zu machen.
In der Finanzausschussitzung am 25.9. hat das Büro Einsparungsmöglichkeiten aufgezeigt und kommt nun auf Kosten in Höhe von 0,78 Mio €. Was zunächst positiv klingt, ist in Wirklichkeit eine Mogelpackung, wie die Gemeinderäte erfahren mussten. Grund: Das Büro hat einfach die Standards teilweise unter das gesetzliche Mindestmaß gedrückt und die Risiken und Schwächen des Standorts ausgeblendet. Die Bauvorschriften werden nun von der Verwaltung als Sündenbock aufgebaut und damit Stimmung in der Bevölkerung gemacht
Angeblich seien solch wichtige Schutzvorschriften wie Brandschutz, Schallschutz, Schutz vor Schadstoffen und Hochwasserschutz unnötig oder überzogen. Bereits in der Sitzung musste Bürgermeister Vonderheid als Ergebnis eines Gesprächs mit dem Kreisbrandmeister einräumen, dass die Brandschutzeinsparung illusorisch ist. Damit kommen bereits wieder ca 50.000 € dazu. Gott sei Dank blieb der Kreisbrandmeister standhaft. Schließlich ist in der vergleichbaren Unterkunft an der Rutesheimer Straße vor einigen Jahren ein Mensch bei einem Brand ums Leben gekommen. Geradezu skandalös ist aus meiner Sicht, dass der Schallschutz entfallen soll. "Wir lassen es darauf ankommen", sagte der OB dazu und setzt mit der Bemerkung, 'dies sei Absurdistan' noch einen drauf. Und dies, obwohl er sicherlich weiß, dass er damit gegen geltendes Recht verstößt und ein OB nach der Gemeindeordnung eigentlich die Pflicht hat, den Gemeinderat über die gesetzliche Lage aufzuklären. Schließlich liegt ein Lärmgutachten vor, welches die hohe Belastung durch die stark befahrene Gebersheimer Str. und die Bahnlinie bestätigt. Lässt man den Schienenbonus weg (er darf spätestens Anfang nächsten Jahres nicht mehr angewandt werden ), liegt die nächtliche Belastung sogar im derzeit gültigen unmittelbar gesundheitsgefährdenden Bereich von über 60 db(A). Ein Bau zu Wohnzwecken in einem solchen Bereich verbietet sich eigentlich von selbst. Erst recht wenn der Bau aus 'Blechcontainern' besteht, welche aufgrund der Leichtbauweise kaum Schutz für eine solch hohe Lärmbelastung bieten können.
Die Hochwassergefahr wird einfach negiert, obwohl die Container mitten in das ehemalige Flussbett der Glems gesetzt werden sollen und das Wasserwirtschaftsamt in einer Stellungnahme ausdrücklich die Gefahr bestätigt hat. Zwar kann man natürlich das Gelände auffüllen, aber dies geht auf Kosten der Anwohner, weil das Gelände ein Retensionsgebiet ist und sein Wegfall das Hochwasser bei den Anwohnern verstärken würde. Diese können ihre Schäden noch nicht einmal versichern, weil die Versicherer das Gebiet als Hochwasser- gefährdet ansehen.
Dass eine Klage von Anliegern gegen das Vorhaben beim Verwaltungsgericht liegt, ist es auch nicht Wert, dem Gemeinderat mitzuteilen. Auch nicht, dass das Verwaltungsgericht mit Hinweis auf das Baugesetzbuch darüber verwundert ist, dass sich die Stadt Leonberg den Bau selbst genehmigt hat. Im Gegenteil - der OB zeigte sich sogar stolz darüber, dass er dies so machen könne.
Die Räte zeigten sich weitgehend ratlos. Sie stellten einige Fragen, die aber mehr oder weniger von der Verwaltung abgebürstet wurden. Die wichtigste Frage wurde leider nicht gestellt. Wo bleibt die Kostenbetrachtung von Alternativen? Zwar wurde eine neue Variante auf der anderen Seite des Kreisels im Bereich Scheizermühle kurz vorgestellt, aber die Kosten sind dort angeblich gleich hoch. So sah es eher nach eine Alibiveranstaltung aus. Statt den ausdrücklichen Auftrag des Gemeinderats ernsthaft nach Alternativen zu suchen (es wurden ja einige andere Standorte untersucht), machte der OB noch einmal den Gemeinderäten Druck, das sie nun entscheiden müssten, weil sonst Zwangsmaßnahmen unvermeidlich seien.
Nun kommt auch noch die Lokalpresse dem OB zu Hilfe: In einem Kommentar der LKZ wird nun über angeblich unsinnige Vorschriften lamentiert und diese als Sündenbock für die hohen Kosten verantwortlich gemacht. Der Kommentar schrammt haarscharf am Stammtischniveau vorbei. Motto: Die Obdachlosen sollen froh sein, dass sie überhaupt ein Dach über dem Kopf haben. Sie sollten keine Ansprüche stellen.
Dabei ist der Hauptgrund der Misere, dass die Verwaltungsspitze stur an diesem teuren, schlechten und risikoreichen Standort festhält. Sie setzt den Gemeinderat unter enormen zeitlichen Druck, führt aber in Wirklichkeit die Suche nach einer geeigneten Lösung in eine Sackgasse, Zu Lasten der zahlenden Bürger und der Obdachlosen. Dabei zeigen Nachbarkommunen, dass es mit den gleichen Vorschriften erheblich billiger geht. Wenn es ein Absurdistan gibt, dann im Leonberger Rathaus.
Hier weitere Unterlagen:
Drucksache des Verwaltungsausschusses vom 25.9.2014