Der Verdacht, dass das Wetter über die Aerosolausbreitung der Viren auf das Corona- Pandemiegeschen einen wichtigen Einfluss hat, hat sich inzwischen weiter erhärtet. Zum einen aufgrund der Beobachtungen und Fortschreibungen der Vergleiche zwischen dem aus bestimmten Wetterparametern bestehenden und hier beschriebenen Index zum anderen auch, weil zumindest die Saisonalität kaum mehr bestreitbar ist. Dazu gibt es inzwischen auch eine neue Studie.Die grundlegenden Aussagen des Diskussionspapiers vom Dezember 2020 sind nach wie vor gültig. Inzwischen liegen weitere 2 Monate Erfahrungen vor und der Wetterindex ist an diese Erfahrungen angepasst worden. Im folgenden werden daher zum einen die daraus resultierenden Argumente für den beschriebenen Zusammenhang zwischen Aerosolen, Wetter zusammengefasst und die gemachen Erfahrungen mit dem Wetterindex dargestellt.

10 Argumente für den Wettereinfluss auf die Corona-Pandemie in Deutschland

  • Aerosole sind Hauptübertragungsträger bei Atemwegsviren, so auch bei dem COVID-19-Virus.
  • Aerosole verbreiten sich nicht in Kugelform, sondern in Wolkenform. Daher sind feste Abstandregeln und Hygieneregeln zwar notwendig aber nicht hinreichend.
  • Ihre Verbreitung richtet sich nach den Gesetzen der Atmosphärenphysik, sowohl in Innenräumen als auch im Außenbereich Dabei verhalten sich Viren als Ultrafeinstaubpartikel und interagieren mit anderen Partikeln. Auch ihre biologischen und chemischen Eigenschaften spielen dabei eine wichtige Rolle.
  • Die Umgebungsbedingungen nach der Emission der Virenaerosole aus dem Körper bestimmen sowohl die Lebensdauer(Aktivitätsdauer) der Viren als auch ihre Anreicherung und damit das Potential für die Ansteckung.
  • Haupteinflussgrößen für die Lebensdauer der Viren sind Temperatur und relative Luftfeuchte. Insbesondere die Luftfeuchte spielt aufgrund des Wechselspiels zwischen Verdunstung, Kondensation und Tröpfchengröße eine wichtige und komplexe Rolle. Im Außenbereich können die Viren also bei für sie günstigen Bedingungen erheblich länger überleben und über weite Strecken transportiert werden.
  • Eine weitere wichtige Haupteinflussgröße ist die Anreicherung der Viren. Sie ist zwar in Innenräumen sicherlich deutlich höher als im Außenbereich, aber auch im Außenbereich gibt es v.a. in dicht besiedelten Umgebungen bei windarmen Wetterlagen günstige Umgebungen für Anreicherung (z.B. überdachte Bereiche)
  • Das Wetter steuert diese Umgebungsbedingungen direkt und indirekt. Direkt v.a. im Außenbereich, indirekt durch seinen Einfluss auf das Verhalten der Menschen, z.B. die längere Aufenthaltsdauer der Menschen in Innenräumen in der kälteren Jahreszeit.
  • Innenbereiche und Außenbereiche sind bezüglich Ultrafeinstaub und Feinstaub v.a. in dicht besiedelten Gebieten nicht voneinander isoliert. Solche Partikel können unter bestimmten Wetterbedingungen leicht in beide Richtungen diffundieren.
  • Die Verläufe der Fallzahlen sind regional unterschiedlich, manchmal auf relativ engem Raum trotz mehr oder weniger gleichen Maßnahmen zur Kontaktreduktion. Die Unterschiede sind meist mit unterschiedlichem regionalen Wetterbedungen verknüpft (z.B. Gebirgslagen)
  • Es gibt Hinweise, dass hohe Feinstaubkonzentrationen die Schwere der Erkrankung negativ beeinflussen könnten. Die Höhe der Feinstaubkonzentrationen wird hauptsächlich durch das Wetter gesteuert.

Ergebnisse des Vergleichs zwischen den Fallzahlen und dem Wetterindex in Deutschland

Frühjahrswelle 2020

Die Frühjahrswelle war von den Fallzahlen her wesentlich schwächer als die Herbst/Winterwelle. Der Wetterindex war auch geringer und schwächte sich bis zum Mai immer mehr ab. Es gab deutliche regionale Unterschiede. Der Lockdown Mitte März und das günstige Wetter danach sorgten für ein relativ schnelles und längeres Abklingen der Fallzahlen bis zur Herbstwelle. Es gab allerdings immer wieder lokale Infektionsereignisse, z.B. der Ausbruch bei den Schlachthöfen, welche wetterunabhängig entstanden sind. Speziell bei den Schlachthäusern war jedoch das künstliche ‘Kleinklima‘ (kühle und feuchte Umgebung) eine wichtige Ausbruchsursache. Dies ist auch ein Hinweis auf die die Bedeutung des Wetters. Solche Ausbrüche konnten relativ gut nachverfolgt und eingedämmt werden.

Herbst und Winterwelle(n) ab dem August 2020

  • Die erste Herbstwelle begann zeitlich unterschiedlich, je nach regionalem Klima bzw. Witterung. Auch der Anstiegsverlauf war unterschiedlich.
  • Die erste Welle war immer mit einem Anstieg des Wetterindex verbunden. Der Wetterindex scheint wie ein Trigger auf die Fallzahlen zu wirken.
  • Vor Erreichen der Spitze der ersten Welle sank meist der Wetterindex oder er stagnierte. Trat dies ein, ging der Anstieg der Verlaufskurve meist zurück bis die Spitze erreicht wurde. Es scheint, dass günstiges Wetter den Anstieg der Fallzahlen dämpfen und damit den Anstieg der Infektionen sogar stoppen kann.
  • Nach dem Erreichen der (ersten) Spitze kam in Deutschland der Lockdown Light. Die Wirkung auf die Fallzahlen war eher gering, insbesondere in den ländlichen Regionen des Südens und Ostens. Dies geschah, obwohl die Mobilitätsdaten durchaus eine deutliche Wirkung des Lockdown zeigten. Ein Grund scheint zu sein, dass nach dem Lockdown Light die Wetterbedingungen ungünstiger wurden, d.h. Wirkung des Lockdown wurde wohl gedämpft. Beide Einflussgrößen arbeiteten zeitweise ‘gegeneinander‘.
  • Nach der ersten Spitze waren die Verläufe regional recht unterschiedlich. Ein Bezug zu regionalem Wetter/Klima ist offensichtlich erkennbar. In höher gelegenen Gebirgsregionen im Süden und Osten war z.B. die Inzidenz im Oktober/November bundesweit am höchsten.
  • Der eigentliche Lockdown am 16.12.2020 zeigte nahezu überall Wirkung. Er wurde aber auch meist durch günstigeres Wetter bis Weihnachten zusätzlich unterstützt. Die beiden Einflussgrößen ‘arbeiteten zusammen‘ im Unterschied zur der Zeit nach dem Lockdown Light.
  • In der Weihnachtszeit stiegen die Fallzahlen meist etwas an (in Berlin sogar deutlich) oder stagnierten etwas. Der Wetterindex stieg meist deutlich an. Es könnte sein, dass es in der Realität auch einen höheren Anstieg der Fallzahlen gab, der jedoch durch die Bedingungen der Festtage (weniger Tests, anderes Verhalten der Menschen) sich nicht in den Fallzahlen niederschlug.

  • Nach den Festtagen gingen die Fallzahlen und der Wetterindex überall zurück. Allerdings zeigte sich nur dann eine relativ gute Übereinstimmung, wenn beim Wetterindex der Temperatureinfluss bei negativen Temperaturen nicht berücksichtigt wurde. Dies deutet darauf hin, dass sich die COVID-19-Viren bei negativen Temperaturen anders verhalten. Eine Erklärung könnte das Gefrieren von Aerosoltröpfchen der COVID-19-Viren nach Austritt aus dem Körper sein. Leider gibt es dazu kaum Literatur. Die Studien über Aerosolansteckung betrachten derzeit nur Innenräume und damit nur das Verhalten im positiven Temperaturbereich. COVID-19-Viren scheinen also vor allem bei eher (spät)herbstlichem Witterungscharakter besonders ansteckend zu sein, weniger bei tiefen oder sehr Wintertemperaturen. Dafür sprechen auch die Fallzahlendiagramme in kalten, kontinental geprägten Ländern/Regionen, z.B. Kanada, nördliche Bundesstaaten der USA, Russland, Schweden.
  • Der Wetterindex wirkt meist nicht unmittelbar, d.h. tagesscharf auf die Zahl der Ansteckungen, selbst wenn man ein gleitendes 7-Tage-Mittel bildet. Dies kann auch nicht erwartet werden, weil alleine schon die Rückrechnung der Meldezahlen auf den Zeitpunkt der Infektionen eine große Unschärfe hat. Der Index kann somit lediglich eine Aussage über günstige oder ungünstige Bedingungen für die Ansteckung etwa über den Zeitraum eines Witterungsabschnitts machen.
  • Es scheint eine untere Grenze etwa bei dem Wert 5-10 des Wetterindex zu geben, bei dem die Fallzahlen gering sind bzw. nachhaltig gering bleiben.

Fazit:

Das Wetter hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eine wichtige steuernde Funktion bei den Corona-Ansteckungen. Lockdowns und Wettereinfluss scheinen von der Größenordnung her ähnlich stark zu wirken, wobei allerdings die Intensität des Lockdowns selbstverständlich eine wichtige Rolle spielt.