Mitten in der Fastnachts- und Ferienzeit hatte gestern Landrat Bernhard zu einem Infoabend zu seinem Krankenhauskonzept eingeladen. Kein Wunder, dass die Georgiihalle nicht voll besetzt war. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Ganz wohl war es ihm anscheinend nicht, denn zur Sicherheit hatte er eine Fernsehmoderatorin aus Köln engagiert, um die vermeintlich rebellischen Leonberger im Zaum zu halten. Dabei war dies überhaupt nicht notwendig. Außer ein paar Unmutsäußerungen während der Vorträge blieb alles ruhig und die Diskussion war sachlich. 

Inhaltlich war der Abend für Leonberg und den Altkreis allerdings eine wenig ergiebige Veranstaltung. Klar sind eigentlich nur 3 Dinge:

  • Der Klinikverbund steckt in einer schweren Krise, sowohl von der finanziellen als auch von der medizinischen Seite
  • Die Bedürfnisse und Wünsche der Bürger und Patienten spielen vor diesem Hintergrund  praktisch keine Rolle 
  • Der Neubau eines Zentralkrankenhauses  auf dem Flugfeld in Böblingen ist aus Sicht des Landrats alternativlos und sein einziger konkreter Ansatz zur Problemlösung

Es wurde zwar viel über ein neues Konzept, insbesondere das medizinische Konzept des Klinikverbundes gesprochen, aber die Aussagen waren unklar und widersprüchlich. Da wurde über Scherpunktbildung geredet und über Spezialisierung, aber auch über die künftig vielleicht doch wieder wichtigere dezentrale Grundversorgung, über verteilte Netzwerke, aber auch die Notwendigkeit der Zentralisierung, über die übermächtige  Konkurrenz in Stuttgart und anderswo, aber auch über die eigene große Stärke. Man beklagte sich über die zu geringe Bereitschaft der Altkreisbürger des Leonberger Raumes, in ihre eigenen Krankenhäuser zu gehen, muss aber auch einräumen, dass dies in Böblingen und Sindelfingen genau so ist.  Man drohte  mit  Insolvenz und  möglicher Privatisierung, will aber unbedingt das finanzielle Abenteuer eines Neubaus eingehen. Man  beklagte sich über die immer teurer werdende Medizintechnik und  über die Politik, welche die Kommunen im Stich läßt, stellt sich aber nicht die Frage, ob der jetzige Verbund vielleicht auch was falsch gemacht haben könnte oder vielleicht die falsche Organisationsform ist- schließlich sind die Defizite eigenartigerweise erst so richtig explodiert als der Verbund eingerichtet wurde. Man will gute Leute in den Häusern gewinnen, diskutiert aber über Chefarztstellen, die eigentlich aber gar nicht wichtig seien und wundert sich darüber, dass es keine geeignete Bewerber gibt, usw..

Es war frappierend, dass skeptische Fragen von Bürgerinnen und Bürgern danach, wie denn in ihren eigenen konkreten Krankheitsfällen das neue Medizinkonzept funktionieren würde, nicht schlüssig beantwortet werden konnten. In keinem der Fälle konnte irgendein Vorteil für die Patienten gegenüber der heutigen Situation dargestellt werden - eher waren es Nachteile. Ich konnte mich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass die Darstellung des Konzepts in  Leonberg etwas 'weichgespült' wurde, um die ganz klare hierearchische Unterordnung des Leonberger Krankenhauses gemäß der Teamplan- Studie unter die zukünftigen Zentrallkinik in Böblingen zu vernebeln. 

Natürlich habe ich mich auch in die Liste der Diskutanten am Saalmikrofon eingereiht und die Lärm- und Schadstoffbelastung zum Thema und auf  unseren offenen Brief aufmerksam gemacht. Immerhin scheint beim Landrat angekommen zu sein, dass der Standort Flugfeld damit ein gewisses Problem hat. Er hat sich sogar für unseren brieflichen Hinweis bedankt. Wir hatten ja darauf hingewiesen, dass das Standortgutachten diese Aspekte praktisch überhaupt nicht beachtete hatte. Seine Aussage war: Er habe nun einen anderen Gutachter beauftragt, zu prüfen, ob die Immissionsbelastung für den Bau des Krankenhauses ein K.O. Kriterium sei. Der Gutachter habe dies verneint und daher würde nun alles seinen gewohnten baurechtlichen Gang gehen können. Man solle diesbezüglich einfach der Verwaltung vertrauen.

Diese typische Technokratenantwort kann uns natürlich in keiner Weise zufriedenstellen. Offensichtlich hat er noch nicht kapiert, dass es beim Thema Lärm- und Schadstoffbelastung nicht nur um eine rein baurechtliche Frage geht, sondern auch um  das Wohlergehen der Patienten und um die Konkurrenzfähigkeit mit Kliniken, welche für die Patienten bessere Bedingungen für die Genesung anbieten können. Natürlich ist damit auch noch nicht wirklich die Frage der Genehmigungsfähigkeit beantwortet, denn eine Gutachtermeinung ersetzt keine Expertise über die immer bedrohlicher klingenden medizinischen Studien über die Schadstoff- und Lärmwirkungsfolgen und erst recht nicht ein Gerichtsurteil. Selbst wenn der Bau formal genehmigungsfähig wäre, müssten in jedem Fall Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden und diese sind in einer Klinik sehr aufwendig. Da geht es nicht nur um Lärmschutzfenster, sondern auch um aufwendige Entlüftungs- und Filtertechnik, welche die harten Hygenieanforderungen eines Krankenhauses erfüllen können. Dies würde den Neubau erheblich teurer machen. Da ich viele Einzelfragen unseres offenen Briefs aufgrunds einer Intervention der Moderatorin erst gar nicht nicht stellen konnte, sind auch diese Fragen offen geblieben. Ich erwarte nun natürlich eine entsprechend auführliche schriftliche Antwort des Landrats auf diesen Brief sowie die Offenlegung der Stellungnahme des eingeschaltenen Gutachters zur Frage der K.O.-Kriterien.

Für Leonberg war dieser Abend insgesamt sehr ernüchternd. Der Landrat ist offensichtlich in keinster Weise bereit, über Alternativvorschläge,  die Patientenanforderungen- und Wünsche und den für ein Krankenhaus ungeigneten Standort zu diskutieren. Er will offensichtlich 'sein Ding' durchziehen und noch vor der Kommunalwahl den Grundsatzbeschluss für sein Zentralkrankenhaus im Kreisrat erwirken und dadurch Fakten schaffen. Damit gibt es für Leonberg nur noch 2 Chancen:

  • eine Alternativlösung ohne den Klinikverbund, d.h. mit einem anderen Partner (allerdings mit dem Nachteil, dass wir über die Kreisumlage trotzdem die Verluste der anderen Kliniken mitfinanzieren würden) 
    oder
  • das Zentralkrankenhaus am Flugfeld scheitert doch noch an den Finanzen oder an der mangelnden Genehmigungsfähigkeit / Eignung des Standorts

Alles andere führt zu einem sich über die Jahre hinziehenden schleichenden Tod des Krankenhauses. Da dürfen wir uns nichts vormachen.  Ich hoffe, dass dies auch allen Kreisräten klar ist.