Alle relevanten Grenzwerte für Luftschadstoffe wurden überschritten

Das schöne Spätsommerwetter seit Ende August bis Mitte September hatte für Deutschlands Südwesten (und darüber hinaus) auch eine Schattenseite: Es gab reichlich Tage mit Sommersmog. Die Ozon- und Stickstoffdioxidwerte erreichten Spitzenwerte für diesen Sommer. Auch die Feinstaubwerte in Stuttgart überschritten den Grenzwert. 

Normalerweise sinkt zum Sommerende eher die Wahrscheinlichkeit für Sommersmog, da die Tage deutlich kürzer werden und dadurch die Stunden mit Sonnenschein zurückgehen. Das Sonnenlicht ist ein wichtiger Faktor für die 'Produktion' von Ozon. Es wird benötigt, um aus den wesentlichen Ausgangsstoffen Stickoxiden und flüchtigen Kohlenwasserstoffen durch komplexe chemische Umwandlungsprozesse in der Atmosphäre Ozon zu bilden. Die Ozonkonzentrationen gehen daher bei entsprechenden Wetterlagen flächenhaft hoch. Die Spitzenwerte werden daher auch nicht an Stationen in den großen Innenstädten gemessen, sondern eher an den Stadträndern und in ländlichen Gebieten und vor allem auf den Höhen des Schwarzwaldes und der Alb. Am Ende dieser Smogperiode spielten bereits Mechanismen mit in das Geschehen hinein, die eher im Winterhalbjahr zu beobachten sind. Die Nächte waren bereits frisch und dies führte zur Ausbildung von Bodeninversionen. Damit reagierten auch die Feinstaubwerte und sorgten für eine seltene Besonderheit: Am Dienstag, 13.9.2016 wurden in Baden-Württemberg alle Grenzwerte der derzeit relevanten Luftschadstoffe überschritten:  

Selbst In Leonberg lag der höchste 1 h-Mittelwert dieses Tages bei NO2 an der Grabenstraße mit 190 µg/m3 nur knapp unter dem Grenzwert und war damit der 3. höchste Wert im Lande. Leider wird an dieser Station Feinstaub nicht mehr gemessen, weil angeblich dafür kein Bedarf mehr besteht. Ozon wurde noch nie regelmäßig gemessen

(Quelle für alle Messwerte: vorläufige Werte der LUBW).

Damit war dieser Tag wohl einer der schlimmsten Smogtage des Jahres für Baden-Württemberg und den Ballungsraum Stuttgart.Die Spitzenwerte bei Ozon im Lande und bei NO2 und Feinstaub am Neckartor lagen in der gesamten Periode noch teils deutlich höher.

Zur Veranschaulichung ein Bild zur Ozonsituation in ganz Deutschland zu diesem Zeitpunkt (Quelle UBA):

Ozon: höchster 8-h-Mittelwert in Deutschland (Quelle UBA)

Es ist damit zu rechnen, dass solche Smogperioden aufgrund des fortschreitenden Klimawandels künftig häufiger auftreten.

Diese Smogperiode führte dazu, dass inzwischen am Neckartor bei NO2 die zulässige Anzahl der Überschreitungen des Jahres mit derzeit 30 Tagen bereits deutlich überschritten ist (nur 18 Überschreitungen sind erlaubt). Das Sommerhalbjahr spielt bei diesem Messwert inzwischen eine größere Rolle als das Winterhalbjahr. Im Winterhalbjahr gab es nur 4 Überschreitungen. Bei Feinstaub könnte die zulässige Anzahl der Überschreitungen von 35 Tagen pro Jahr ggf. auch erreicht werden, wenn die endgültige Überprüfung der LUBW die gemessenen vorläufigen Werte bestätigt. Da in den noch bevorstehenden Wintermonaten mit weiteren Grenzwertüberschreitungen zu rechnen ist, wird es daher bei Feinstaub in Stuttgart trotz des großen Aktionismus rund um die Feinstaubalarme am Anfang des Jahres wahrscheinlich keine Verbesserungen der Situation geben. Bei Ozon dürfte an vielen Messstationen des Landes, auch im Ballungsraum Stuttgart, die erlaubte Zahl der Überschreitungen des Zielwertes zum Schutz der menschlichen Gesundheit von 25 Tagen auch dieses Jahr wieder überschritten werden (basierend auf dem höchsten 8-h-Mittelwert eines Tages). Leider gibt es keine mir bekannte öffentlich zugängliche Quelle mit der aktuellen Anzahl der Überschreitungen dieses Grenzwertes. Auch der Schwellenwert, basierend auf dem 1-h-Mittelwert, wurde an einigen Messstationen überschritten. 

In der Gesamtschau wurde damit eindrucksvoll bestätigt, dass die offizielle Feinstaubalarmierung im Winterhalbjahr (die auch nur für Stuttgart gilt) inkonsequent und fachlich lückenhaft ist und nur wenig mit dem eigentlichen Zweck, dem Schutz der Menschen vor akuten und langfristigen Gesundheitsgefahren, zu tun hat (siehe unsere weiteren Beiträge und Pressemitteilungen zum Thema Luftreinhaltung). Leider legen die Behörden und das zuständige Verkehrsministerium offensichtlich wenig Wert darauf, die Öffentlichkeit umfassend zu informieren. Auch die Presse greift diese Thematik bisher leider nicht auf.